B r ā h m a ṇ a

न यॊनिर नापि संस्कारॊ न शरुतं न च संनतिः कारणानि थविजत्वस्य वृत्तम एव तु कारणम
सर्वॊ ऽयं बराह्मणॊ लॊके वृत्तेन तु विधीयते

Genius saeculi

Genius saeculi

Menschen

Richard Burton
Guttenberg
Alice Schwarzer

Ereignisse

Rauchen
Japan (Fukushima)
Gesundheitsreform
Zeitarbeit
Zitation

Richard Burton

Richard Burton

Wer sich noch an die in den 70ern ausgestrahlte Sendung "V.I.P.-Schaukel" erinnert, erinnert sich vielleicht auch noch an Margret Dünser, diese rothaarige Reporterin, welche in der Weltgeschichte umher jettete, um Jet Set und V.I.P.'s zu interviewen.

Wenn man in aufkeimender Melancholie konstatieren kann, daß Margret Dünser in dieser Sendung zum einen das Halten eines bestimmten Niveaus sehr wichtig war und zum anderen zum Großteil noch wirkliche V.I.P.'s auftraten, was auch immer man von ihnen hielt, und nicht das, was in der heutigen Zeit als "Promi" durchgeht, so kann oder muß ich mich an eine dieser Sendungen im Besonderen wieder und immer wieder erinnern.

Im Vorfeld

Es war dies die Sendung im Jahre 1978, in welcher es Margret Dünser tatsächlich geschafft hatte, Richard Burton an Land zu ziehen, jenen knorrigen, scharfzüngigen walischen Sturschädel, jenen harten, bissigen Hund, der sich aus der Armut hochkämpfte und welcher schon im Allgemeinen, speziell aber zum Ende hin nicht eben dafür berühmt war, besonders gerne aalglatte Interviews zu geben.

Burton, seines Zeichens ein Skorpion, und zwar ein Skorpion, den man in seiner gesamten Wesenheit als einen ganz typischen Vertreter seines Zeichens benennen kann, zählte lange Jahre zu meinen Lieblingsschauspielern: welch ungeheure Intensität, fulminante Tiefgründigkeit, bis in seine letzten Tage, bis zu seinem letzen Film das Leben, die Auseinandersetzung mit Themen, welche skorpionischer nicht sein können, auch oder gerade verwerfliche Abgründigkeit nicht scheuend, oft genug suchend, extrem wie kompromisslos Potentiale auslotend, deren Tiefe, ohne das jetzt werten zu wollen, in keinem, aber gar keinem Vergleich zu denen der Luftzeichen stehen oder gar des bis ins Alter maximal billigen Tussengehabes einer Madonna Ciccone. Und doch habe ich gewertet!

Wie auch immer: wenn man es mit einem Skorpion dieses Kalibers zu tun bekommt, weiß man bereits im Vorfeld, daß die Begegnung nicht auf gottschalk'scher oder bohlenesker Ebene dahinschlittert.

Margret Dünser driftete wie auch Richard Burton zum Zeitpunkt des Interviews bereits ans Ende der Reise, ans Ende der Odyssee, und so gewann der Dialog der beiden eine für Sendungen dieser Art in der Tat seltene Tiefe, welche ja bekanntlich von den Medien darüber hinaus auch tunlichst gemieden wird.

Das Interview, eine kleine Inszenierung für diesen großen Schauspieler, einen Menschen, der zu den absoluten, nicht aber beliebtesten Superstars zählte, der Erfahrungen hinter sich brachte, die man in keiner Weise mit Alltäglichkeit bezeichnen kann, der einige Male mit Elizabeth Taylor, jener boshaften Diva verheiratet war, welche zweifelhafte lange Jahre als "schönste Frau der Welt" galt, und der Burton einen der größten Diamanten dieser Erde schenkte. "Sie fasziniert mich noch immer", irrlichterte er noch auf dem Totenbett.

[excursus]

»... Sowohl Harry Winston als auch Richard Burton waren unterlegene Bieter. Aber Burton wollte sich nicht damit abfinden und war entschlossen, den Diamanten zu erwerben. So telefonierte er von einem Münztelefon eines bekannten Hotels in Südengland aus mit Mr. Kenmores Agent. Während er eingeengt zwischen der Lounge Bar und dem Salon unaufhörlich Münzen in das Telefon einwarf, verhandelte er über den Diamanten. Die Gäste, die in Ruhe ihre Drinks zu sich nahmen, hörten die lauten Worte des Schauspielers als er rief: "Es interessiert mich nicht, wieviel er kostet. Gehen Sie und kaufen Sie ihn!" Letztendlich stimmte Robert Kenmore zu, den Stein zu verkaufen unter der Bedingung, dass Cartier ihn in New York und Chicago ausstellen dürfe. Seit diesem Zeitpunkt heißt der Diamant "Der Taylor Burton". Burton bestritt nicht, dass Cartier einen Gewinn bei diesem Verkauf erzielte. Er kommentierte es wie folgt: "Wir sind Geschäftsleute und wir sind glücklich, dass Miss Taylor glücklich ist."«

Im Rahmen dieses Artikels werde ich Begrifflichkeiten wie "Größe" und "Schönheit" im Allgemeinen oder "äußere" und "innere Schönheit" im Speziellen nicht deutlicher thematisieren, als dies schon der Fall ist, auch nicht, wie nun was und vom wem dargestellt oder wahrgenommen bzw. favorisiert wird. Es sei an dieser Stelle kurz angerissen.

[excursus finem]

Welche Gigantomanie in "Cleopatra", welch brutale Darbietung von Realität in "Virgina Woolf", welche Intensität in "Equus", welch dämonische Charismatik im "Schrecken der Medusa", welche Authentizität des klassisch dem Mars zugeordneten Skorpions in den "Wildgänsen", welch skorpionische Finalität in seinem letzten Film "1984" — und auch den Faustus ließ er zwingend wie wesenstypisch nicht aus.

Dieser Mann ließ wohl kaum ein Angebot des Skorpions, jenes verfluchten Zeichens, unangetastet an sich vorüberziehen.

Sein Landsitz und sein Donner

Der Kameraschwenk über Burtons Landsitz, sich aufs Haus zubewegend, dann das Zusammentreffen der beiden. Burton, vom Alkohol und gelebten Exzessen tief gezeichnet, krank — das Charisma eines Skorpions wissend ums nahende Ende seiner Tage. Kein Lächeln, sondern dieser so typisch trotzige Stolz eines Zeichens, welches sich keine Blöße geben will, es nicht kann, nicht darf. Evident, daß Burton wusste, seine Zeit ist nun bald abgelaufen, vielleicht noch ein paar Jahre des Verfalls, nicht mehr viele, diese Ausstrahlung desjenigen, der in den Toren steht, seine Augen nicht mehr die eines jungen Skorpions, sondern eines alten, die wirklichen Augen des Todes, nicht mehr das in der Jugend ab und an durchscheinende, wie man das bei Bronson im "Lied vom Tod" sehen kann, sondern das im Alter manifestierte Prinzip, das Leid und Schmerz, Alter und Tod in Gänze nun selbst erfahrende, deswegen sarkastisch-zynische hinter sich habend, an Reife fast schon dem Capricorn gleich. Man bleibt nicht unbeeindruckt von diesem Bild, was auch immer man über den Skorpion, dieses dämonische Zeichen elementaren Aufbegehrens, der Auflehnung schlechthin, denken mag.

Im selben Moment, als Burton auf der Veranda seines Landguts Platz nimmt, ein Donner im Hintergrund, und ein Blitz. Burton dreht sich kurz um, blickt in den düsteren Gewitterhimmel, dann zu Dünser, sofort intuitiv wohlwissend um die besondere Symbolik dieses Moments, dieses eminent starken Bildes. Immer noch kein Lächeln, nicht mal dieses zynische, sondern das inhärent Auftrumpfende, Selbsterhöhende in diesem Zeichen und dann dieser Blick "Jetzt weißt Du, vor wem Du sitzt. Na, dann frag mal, Mädchen."

Am Ende ihrer Tage...

Da sitzen sie nun, die beiden Erfolgreichen, am Ende ihrer Tage, und was haben sie nicht alles getan, um das zu erreichen — er, der Superstar, sie, die High Society-Reporterin. Demütig oder heilig gar werden sie nicht allzuoft gewesen sein, Dünser, die Löwin, Burton, der Skorpion, diese beiden sich überlegen wähnenden Zeichen, im Zweifelsfalle zu jeder Schandtat bereit, um diesen ihrem Anspruch Geltung zu verschaffen. Ich erinnere mich an die in schwerer Krankheit formulierten Worte meiner Mutter: "Die einzige Gerechtigkeit ist, daß auch die Reichen krank werden und sterben müssen."

Kaum ein Vorgeplänkel, keine Trivialitäten, man kommt schnell zur Sache, wie ich mich erinnere. Das Sein und die Dinge, und die Löwin fragt den Skorpion sinngemäß: "Was glauben Sie, wie geht es weiter, geht es überhaupt weiter, und wenn ja wie..." "Who knows" knurrt der Skorpion kurz und mit tiefer Stimme... und er überlegt einen Moment und sagt noch: "The gods make you mad, before you die."

Diese seltene Momentaufnahme von Tiefgründigkeit in den trivialen Einlullmechanismen des Medienrummels wurde auch in der posthumen Zusammenstellung der besten Interviews Margret Dünsers aufgenommen. Dünsers Sonne verglühte am 5. Juni 1980, Burtons Wille erlosch am 5. August 1984.

"The gods make you mad, before you die."

Der geisterhafte Tanz der Wahnsinns in unserer Zeitphase ist ein Abgesang,
ein dämonischer Totentanz am Ende einer Zeit.


Claus Rotter
07.10.2010, 21:28h

[post scriptum]

1. Im Skorpion liegen die Tore zur Hölle nahe, und sie sind nicht sehr gut verriegelt.
2. Der Löwe ist nicht "der König". Der Löwe ist ein Gaukler, der sich die Königswürde ergaunerte.
3. Die "Krone" der Fische beinhaltet ungleich verschlagenere Dimensionalität.

Räuber, Schlächter und Betrüger erhoben sich zu Königen.
Die Unkönige hassen den König natürlicher Autorität.

 

□ □ □

▷ http://de.wikipedia.org/wiki/Richard_Burton
▷ http://en.wikipedia.org/wiki/Richard_Burton
▷ http://www.diamanten-diamant.de/taylor-burton.html

▷ http://de.wikipedia.org/wiki/Margret_Dünser
▷ http://www.fernsehserien.de/index.php?serie=5297

□ □ □

Nach oben

BrahmanaAbout  ||  Contact  ||  Disclaimer  ||  Impressum  ||  Site Map  ||  brahmana.eu
XHTMLCSSUnicodeAny Browser